Geistergitarristen und Multitalente: ein Fest für Metalfans
Der Neckbreakers Ball 2011 in Geiselwind
12.11.2011 [sg] Schon zum zweiten Mal in diesem Jahr fand die NECKBREAKERS BALL Tour statt. Doch diesmal ganz im Scheine des Melodic Death Metal. Am 12. November 2011 präsentierte sich der Neckbreakers Ball abermals in Geiselwind. Neben der großen Melodic Death Metal Ikone DARK TRANQUILLITY, spielten außerdem ELUVEITIE, VARG, MECENARY, GURD und OMNIUM GATHERUM.
Angekommen in der Music Hall, tummelten sich schon die Fans um die Merchandise-Stände. Besonders begehrt war die Touredition des aktuellen Dark Tranquillity Albums “We Are The Void”. Aufgemacht im edlen A5 Digipak mit einer völlig neuen Gestaltung, inklusive einer DVD und dem neuen Song “Zero Distance” – da haben sich die Schweden ordentlich was einfallen lassen.
17:45 Uhr ging es in die erste Runde, mit OMNIUM GATHERUM. Diese finnische Melodic Death Combo scheint hier zugegen noch nicht so bekannt zu sein, wobei sie mit 96er Baujahr eher zum alten Eisen gehören. Und das merkte man im positiven Sinne zu jeder Sekunde ihres Auftritts. So viel Einsatz, Spielfreude und technische Hochwertigkeit, wie es diese Band an den Tag legt, würde man sich sogar noch bei der ein oder anderen größeren Truppe wünschen. Trotz ihres legeren Auftretens, hatte man immer was zum Hingucken. Besonders Gitarrist Markus Vanhala (den man übrigens auch seit kurzem bei “Insomnium” bewundern kann) ergriff ständig die Initiative und man hatte das Gefühl, er sei ein großer Anhänger von Alexi Laiho (COB), denn sein Äußeres, seine Spielweise und generell seine Art und Weise erinnerten stark an ihn. Sehr beeindruckend war auch die Stimme von Frontmann Jukka, dessen Extremgesänge sich an Amon Amarth anlehnten, während die Cleangesangspassagen, welche zweistimmig untermalt wurden, sehr getragen und leidend rüberkamen. Blieb anfangs noch das Publikum weg, so konnte man im Laufe der Zeit beobachten, wie OMNIUM GATHERUM immer mehr Menschen zogen. Welch ein würdiger Auftakt des Abends! Nach einer sehr kurzen Umbaupause, ging es weiter mit GURD. Schnell merkte man, dass Thrash Metal kaum gefragt war. Doch gaben sich die Schweizer alle Mühe, um überzeugen zu können. Und sympathisch kamen sie alle Mal rüber. Spätestens, als der Sänger den Song “What Do You Live For” seiner Frau und seinen zwei Kindern widmete. Auf der Bühne machten sie einiges her, in dem sie sich untereinander duellierten und deutlich Spaß ausstrahlten. Drummer Steve Karrer kam gut ins Schwitzen und allein vom Zuhören dachte man, bei den Tempi hat er sicher nichts zu lachen. Die Leute, die vor der Bühne standen wurden gut in Bewegung gebracht und gaben dem Quartett Antrieb. Die Playlist war bunt gemischt, so dass jeder Anhänger von GURD wunschlos glücklich war. Denn mit dem aktuellen Album “Never Fail” haben sie bereits ihr zehntes Full Length Album veröffentlicht.
19:25 Uhr – Zeit für die Modern Melodic Death Metal-Einlage MERCENARY. Extrem energiegeladen kamen die vier Dänen auf die Bühne, um ihre besonderen Symbiosen unters Volk zu bringen. Bereits anfang des Jahres konnten sie auf der “Power of Metal” Tour (u.a. mit Nevermore, Symphony X) in Geiselwind begeistern. Somit hatten MERCENARY schon eine beträchtliche Fangemeinde. Überaus powerful kamen auch hier die Vocals, die ein sehr breites Spektrum darboten: von Screams á la Children Of Bodom über sehr emotionale Klargesänge bis hin zu raueren Stimmpassagen, die schon fast etwas an Linkin Park erinnerten. Die Sologitarren gingen meist im rockigen Bereich auf, was aber zu keinem Zeitpunkt negativ auffiel – ganz im Gegenteil. Wie schon erwähnt, setzt die Band äußerst gut diese Symbiosen um, weshalb es einfach nur ein absolutes Klangerlebnis ist. Und auch hier wurde dem Publikum nicht langweilig, denn zwischen den vielen Einflüssen kam die Aggression bei weitem nicht zu kurz. Schnelle, als auch treibende Beats – harte Gitarrenriffs und eingespielte Synth-Einlagen sorgten dabei für die nötige Atmosphäre, sodass die Wall Of Death nicht lange auf sich warten ließ. Besonders hervorstechende Songs waren “In A River Of Madness”, “In Bloodred Shades” oder auch “The Black Brigade”.
Hier in Geiselwind, im fränkischen Lande – kaum eine Stunde entfernt von Coburg, hatten die Vikingmetaler von VARG ihr Heimspiel. Offensichtlich war die Überzahl des Publikums wegen den Coburgern angereist. Und endlich betraten die in Warpaint Gehüllten die Bühne. Mit schnellen Doublebass Passagen und aggressiven Gitarren ging es in die Vollen. Zu jeder Sekunde waren die Fans am Durchdrehen und grölten jeden Songtext mit. Ab sofort hieß es nur noch “raise the fist”. Nun war es vor der Bühne so voll, dass es sich der ein oder andere nicht hat nehmen lassen, sich von den Menschenmassen tragen zu lassen, womit wiedermal der Einsatz der Security gefragt war. Die eingefleischten Fans gerieten in einen absoluten Rauschzustand. Doch was war das?! – das aufmerksame Auge erblickte hinter den Kulissen eine Gestalt, mit einer weiteren E-Gitarre. Er spielte sichtlich alle Songs mit, und bei näherer Betrachtung wurde diese Gitarre tatsächlich dazu geschaltet. Diese Tatsache machte das Bühnenbild teilweise zunichte, denn fragwürdig war das schon. Wenn die Band keinen weiteren Gitarristen der Öffentlichkeit offenbaren möchte, sollte sich der “Ghost Guitarist” zukünftig besser verstecken. Auch wenn VARG aus Sicht der musikalischen Vielfalt mit den anderen Bands des Neckbreakers Ball nicht mithalten konnten und die Musik nicht immer ganz sauber kam, fungieren sie doch hervorragend als Stimmungsmacher und Anheizer. Nachdem Bandoberhaupt “Freki” eine Wall of Death anzettelte, wie es zuvor MERCENARY taten, und später einen Circle Pit, in derselben Art und Weise, wie es ELUVEITIE schon seit Jahren tun, und als vorletztes Lied den Rammstein Song “Link 2-3-4” coverten, war klar, die Wolfshorde guckt sich hin und wieder mal was ab. Das beeindruckte die Fans aber nur mäßig. Die hätten lieber noch einen Song aus dem Hause VARG gehört. Mit dem Titeltrack “Wolfskult” fanden sie jedoch einen würdigen Abschluss für ihren Auftritt.
Mit fortgeschrittener Stunde klang die Stimmung etwas ab. Dennoch blieb das Publikum bei ELUVEITIE nicht weg. Frontmann Chrigel leistete gute Animationsarbeit und konnte speziell bei Songs wie “Inis Mona” oder dem Klassiker “Your Gaulish War” die Meute in seinen Bann ziehen. Sehr imposant ist immer wieder die Umsetzung dieser komplexen Musik. Denn immerhin spielen acht Musiker in der Folk/Death Metal Besetzung, und allesamt scheinen Multitalente zu sein. Ob Geige, Dudelsack, Hurdy Gurdy, Mandola, Tin Whistle und weitere Flöten – es war alles dabei. Eine variantenreiche Show boten die sechs Schweizer und zwei Schweizerinnen, wobei die Pausen zwischen den Songs gekonnt mit Samples gefüllt wurden. Auch die Abwechslung zwischen Growls und Screams und den zweistimmigen Frauengesängen sorgte für eine gelungene Atmosphäre, vor allem in “Slanias Song”. Sicher hatte die Band am Vorabend ein größeres und bestimmt auch aufgeregteres Publikum vor sich, denn in Pratteln (CH) gaben sie eine Headliner-Show, aber auch hier ließen sie ihre Fans nicht im Stich und gaben sichtlich alles. Besonders sympathisch wirkte auch ihr Abgang, als sich alle zusammen vor dem Publikum verbeugten.
Schlusslicht und Headliner der Neckbreakers Ball Tour stellten DARK TRANQUILLITY da. Einige sammelten sich noch im hinteren Hallenbereich für den kühlen, blonden Genuss und waren schon gelangweilt – bis zu diesem Zeitpunkt. Doch als der Opener “Terminus” erklang, gab es für niemanden mehr ein Halten. Alle gingen vor die Bühne um die Schweden gebürtig zu empfangen. Die Umbaupause dauerte hier etwas länger als bei den Vorgängern, allerdings aus gutem Grund – die Lightshow wurde komplett abgeändert und im Hintergrund wurde eine Leinwand gespannt. Dort konnte man den ganzen Auftritt über fantastische Animationen, Bilder, Sequenzen und Musikvideos zu den dementsprechenden Songs bewundern. Bei den ganzen Umbauarbeiten, wobei das Augenmerk wohl mehr auf der Optik lag, gab es während des Auftritts leider ein paar Defizite im Sound. Zum Beispiel waren die E-Gitarren bei den Vorbands noch beachtlich präsenter. Aber das sollte der Show nichts abtun. Auch hier strahlte der Sänger eine Sympathie aus. Gern mit einem Lächeln im Gesicht, kurzen Berührungen mit den Fans und netten Sprüchen zwischen den Liedern, hatten selbst die ihren Spaß, denen DARK TRANQUILLITY bisher noch kein großer Begriff war. Was theoretisch ein Unding sein müsste, denn bereits seit 1991 kursieren die Melodic Death-Metaller, seit geraumer Zeit auch weltweit. Neben den neuen Songs aus dem aktuellen Album “We Are The Void” wurden auch viele Ältere gespielt, unter anderem “Lost To Apathy” und “Miserys Crown”, welche für die meistens Fans auch die Highlights darstellten. Besonders „Miserys Crown“ scheint ein Meilenstein zu sein, denn hier gingen alle Hände hoch zum Klatschen.
Bleibt nur noch zu sagen, dass es ein gelungener zweiter Teil des Neckbreakers Ball 2011 war. War der erste Teil noch von brutalem Death Metal bestimmt, bekamen diesmal die Liebhaber des melodiöseren Metals die Gelegenheit, ihr Genick ordentlich knacken zu lassen. Da einige Künstler dabei waren, die etwas an Children Of Bodom erinnerten, sollten eben diese vielleicht das nächste Mal mit dabei sein! In diesem Sinne: Lasst knacken!